Partner: Les Kinotechnicien Grand-Est
Kürzlich waren wir zum ersten Mal bei dem Stammtisch der Kinotechnicien Grand-Est in Strasbourg. Hervorgegangen aus einem Regionalverband für das Elsass, formten die Filmschaffenden aus Strasbourg im Zuge der Reform der Regionen den Verband für die Region Grand-Est. Der „große Osten“ erstreckt sich von Basel bis Belgien und von der Pfalz bis in die Bourgogne. Laut dem Vorstand Franck Dubois sind rund 500 Filmschaffende in der Region tätig, davon sind 200 eingeschrieben bei den Kinotechnicien. Die Kinotechnicien sehen sich hauptsächlich als die Handwerker am Set. Der Verband vereint Kameramänner, Assistenten, Regieassistenten, Kostümbildner, Szenenbildner, Standfotografen, eben alles außer Regisseure und Produzenten, die ihre eigenen landesweite Berufsverbände haben. Doch das wird nicht so eng gesehen, der regionale Aspekt und der gegenseitige Austausch steht hier eher im Vordergrund.
Das Ziel der Kinotechniciens ist die Vernetzung der Filmschaffenden abteilungs- und genreübergreifend, damit zum Beispiel ein Tonmann mit Spezialisierung auf den Dokumentarbereich auch mal einen Job im szenischen Film bekommt. Im Gegensatz zum Filmverband tritt der Gedanke einer Interessensvertretung eher in den Hintergrund.
Teilweise übernehmen die Kinotechnicien auch Bereiche, welche bei uns durch die Film Commissions bearbeitet werden. Sie empfehlen auf Anfrage Crewmitglieder weiter und vermitteln an Produktionsfirmen, was in Deutschland eher die Film Commissions übernehmen. Gleich drei Stammtische veranstalten die Kinotechnicien, einen in Strasbourg (Elsass), einen in Nancy (Lorraine) und einen in Reims (Champagne-Ardenne). Auch Nicht-Mitglieder sind hier gern gesehen und in meinem Fall entstand ein spannender Austausch.
Der Straßburger Stammtisch trifft sich viermal im Jahr in der Brasserie WOW, einer stylischen Kneipe in der schönen Altstadt Straßburgs, die abwechselnd von regionalen Künstler gestaltet wird. Franck, der Vorstand des Verbands, SFX-Maskenbildner und Indie-Produzent, war auch der Erste der eintraf, so konnte man sich erstmal auf Verbandsebene
etwas austauschen. Ein spannender Gesprächspartner war Benoît Linder, mein Namensvetter aus einem anderen Land, ein kleines Unikum. Er ist Standfotograf und ist sehr häufig für den SWR und Ziegler Film tätig, sodass er neben der französischen Filmbranche auch die deutsche Branche am Oberrhein gut kennt. Mit ihm sprach ich dann über die Unterschiede links und rechts des Rheins. Das auffälligste für Ihn war, dass die Deutschen alle Cola trinken in den Drehpausen. In Frankreich trinkt man am Set meist Wasser. Auch die Mittagspause ist in der Regel in Frankreich 15 Minuten länger, als an unseren Sets. Auf technischer Seite ist es vor allem die Wertschätzung des Tons, die auffällt: in Frankreich wird der Setton wirklich hoch angesehen und hat ein deutliches Mitspracherecht, wohingegen in Deutschland eher eine Synchronisation in Kauf genommen wird, als eine Verzögerung beim Dreh.
Es gab noch viele spannende Gespräche, viele Fragen über die Arbeitsbedingungen, die Projekte in Baden-Württemberg und man konnte auch einiges über die Dreharbeiten im Elsass erfahren und dass nicht alles, was in Frankreich im Kino kommt, an der Côte d’Azur oder in Paris gedreht wurde.
Ein Wunsch der an diesem Abend entstand war die Schaffung eines Französisch-Deutschen Stammtisches, der einmal im Jahr stattfinden könnte. Dazu haben wir mit Franck schon eine Idee entwickelt. Ich werde hier bald mehr dazu berichten können – demnächst kommt auch noch ein ausführliches Interview zu dem neuen trinationalen Interreg-Programm „Film am Oberrhein“
Website der Kinotechnicien Grand-Est
Website des Filmverband Südwest
Fotos: Les Kinotechniciens Grand-Est (Archiv), Fabian Linder